Düsseldorf, Donnerstag, 25. April 2002
Ich rufe auf:
2 Möglichkeiten der Diversion im Jugendstrafverfahren optimal nutzen!
- Durch Prävention und frühzeitiges Gegensteuern Kinderdelinquenz und
Jugendkriminalität wirksam eingrenzen
Antrag
der Fraktion der SPD und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 13/2453
In diesem Zusammenhang weise ich auf den Entschließungsantrag der CDU Drucksache 13/2560 hin.
Ich eröffne die Beratungen und erteile als Erstem dem Kollegen Sichau für die SPD-Fraktion
das Wort.
Frank Sichau (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dieser wichtigen
Diskussion über die Wirtschafts- und Finanzpolitik kommen wir nun zu einer nach unserer
Empfindung wichtigen Diskussion über einen Bereich der Rechtspolitik. Um ein Wort von
Ministerpräsident Clement aufzugreifen: Wir setzen auf Diversion. Im Kern ist in unserem
Antrag von zwei Beispielen, die sich auch typisieren lassen, die Rede. Zum einen sind das
die so genannten Diversionstage in Remscheid, die Jugendkriminalität im kleinen und
mittleren Bereich angehen. Zum anderen sind es vorrangige Jugendverfahren, wie sie
beispielsweise in Krefeld stattfinden. Vergleichbare Verfahren gibt es auch in
Mönchengladbach und Lemgo. Hier geht es um Intensivtäter und besonders verwerfliche
Straftaten, insbesondere Gewaltstraftaten, von Jugendlichen. Mein Kollege Peter Meinecke
wird in seinen Ausführungen Konkretes zu dem Remscheider Modell sagen.
Die Grundlage für den Ihnen vorgelegten Antrag der Koalitionsfraktionen war eine
Informations- und Diskussionsveranstaltung im Februar 2002 hier im Landtag, bei der wir
uns mit den dargestellten Modellen eingehend befasst haben. Die in dem Antrag aufgelisteten
Beispiele geben eine konkrete Antwort auf die theoretischen Fragen, wie Jugendkriminalität
zügig und wirksam bekämpft und damit ein letztlich zeitraubenderes, weniger effektives und
kostspieligeres Verfahren vermieden werden kann und wie Sekundärprävention in diesem
Bereich erfolgreich betrieben werden kann.
Es ist wichtig, die guten Beispiele aus den genannten Städten der Justizöffentlichkeit in
möglichst wirksamer Weise darzulegen, damit sie auch anderswo entsprechend umgesetzt
werden können. Im Jahr 2003 werden wir nachfragen, wie sich das Ganze konkret entwickelt
hat.
Nun noch etwas Theorie. Wir bitten zu prüfen, ob und inwieweit § 31a des
Betäubungsmittelgesetzes in das Diversionsverfahren einbezogen werden kann. Eine Antwort
der Landesregierung dazu erwarten wir Mitte dieses Jahres.
Wir treten mit diesem Antrag selbstverständlich nicht für die Herabsetzung des
Strafmündigkeitsalters ein; das will ich auch an dieser Stelle noch einmal betonen.
Zudem hat sich im Rahmen unserer Veranstaltung gezeigt, dass es enormen, ich wiederhole:
enormen Kommunikationsbedarf zwischen Jugendhilfe auf der einen Seite,
Staatsanwaltschaft und Polizei auf der anderen Seite gibt. Wir hoffen, dass sich dieser Dialog
kritisch-konstruktiv, d. h. positiv entwickelt.
Beim Aufruf dieses Punktes ist auf die Entschließung der CDU-Fraktion hingewiesen
worden. Hierzu möchten wir bemerken, dass wir es im Bereich der Justiz überall - hier etwas
indirekter - mit Forderungen seitens der Oppositionsfraktionen nach mehr Personal zu tun
haben. Zugleich wird - ich habe das schon in den Haushaltsplanberatungen gesagt -
sozusagen mit gespaltener Zunge ständig abstrakt mehr Personalabbau gefordert. Natürlich -
wir haben das in der Diskussion vorhin zumindest im Ansatz gehört - werden weitere
Steuerreformen gefordert, die außerdem weniger Staatseinnahmen bedeuten würden.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Worte unseres früheren Justizministers und
heutigen Innenministers Fritz Behrens, der gesagt hat: Grundsätzlich kann es in unserer
derzeit sehr schwierigen Situation nicht mehr Geld geben. Was wir tun können, sind
Organisationsentwicklungen. - Ich ergänze: auch Technikentwicklungen. Das Programm
"Justiz 2003" und alles, was damit zusammenhängt, haben wir schon mehrfach diskutiert. Da
kann ich nur sagen: Wir halten weiterhin an diesem finanzwirtschaftlich außerordentlich
wichtigen Grundsatz fest.
Schließlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, sagen wir, dass
Jugendgerichtshilfe eine klassische, wirklich klassische kommunale Aufgabe ist. Da kann
man unseres Erachtens keine anderen Forderungen stellen.
Abschließend bleibt die Hoffnung, dass wir insbesondere in gut einem Jahr gute Nachrichten,
was unseren Antrag betrifft, hören können. - Herzlichen Dank.
(Beifall bei SPD und GRÜNEN)
Vizepräsident Jan Söffing: Vielen Dank, Herr Sichau.
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